ONE LINE DRAWINGS
MASCHINENMALEREI
FRAME BY FRAME BY FRAME
ART TOWER NOVI SAD
SCHÖNE AUSSICHT FÜR ADMIRAL TEGETTHOFF
STILL(STICH)LEBEN
DAHEIM2
RUNTERKOMMEN
VLEESHAL
EIN BLICK INS PARADIES
FRAME BY FRAME BY FRAME #11
FRAME BY FRAME BY FRAME
Passepartouts, Faltung |2014
Text aus dem Fanzine zur gleichnamigen Ausstellung im KM-Künstlerhaus Graz |
kuratiert von Sandro Droschl und Christian Egger

„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar.“ Paul Klee: Schöpferische Konfession, 1920

Der in zahlreichen sozialen Feldern rege Künstler Max Gansberger (geboren 1978 in Villach, lebt in Graz) zeigt in der Ausstellung „frame by frame by frame“ die Grenzen sowohl von Malerei als auch Skulptur als ein wechselwirkendes und unbegrenztes Kontinuum. Die hierbei zahlreich zum Einsatz kommenden weißen Passepartouts werden üblicherweise verwendet um Bilder zu schützen und die Betrachtung auf das Kunstwerk zu richten. Im Falle von „frame by frame by frame“ ergeben sie durch zufällige Anordnung das Kunstwerk selbst und veranschaulichen somit die Kontingenz aller formaler Entscheidungen. Weitere dadurch aufgeworfene Fragen, etwa nach kompositorischer Hierarchie in der Bildstruktur oder der Rolle des Zufalls dabei, generell nach Einsatz von Instrumenten und Methoden in der Malerei, ebenso die Überwindung einer vereinfachenden Betrachtung von Malerei als eindeutig abgrenzbarem Gegenstand sind hier für Gansberger wesentlich. Auch vergisst er nicht die materiellen Bedingungen der Malerei wie Bildträger, Pinsel, Farbmaterial, Bildgröße oder Malverfahren mit zu reflektieren indem er sie paradoxerweise gänzlich ausspart, leugnet und eine Bildproduktion ohne ihre Zuhilfenahme behauptet.
Lang ist die Reihe jener, die um Neuanfänge innerhalb künstlerischen Medien zu wagen sich der als Ballast empfundenen Vorgeschichte – von den russischen Konstruktivisten über Lucio Fontana – in und mit expliziten Manifesten die Grundbedingungen der traditionellen Malerei ins Stürzen brachten um Malerei nicht per se als fragwürdig und Malereigeschichte weiter als Narrativ des Fortschritts begreifen zu können und nicht unter der Malereigeschichte als hemmendem Gedächtnis einer unendlichen Summe vergangener Ereignisse oder Bilder zu leiden. In ihren Ansätzen sind die in der Ausstellung gezeigten Bilder Gansbergers nicht weniger radikal, ist hier die Beschäftigung mit den ein Bild konstituierenden Beziehungen intensiv, ihre Betrachtung und Prüfung ihrer Machart Teil ihres Erlebnisses und von ihrer tatsächlichen Herstellung und konkreten Materialität nicht zu trennen. Die einzelnen Arbeitsschritte die zum Entstehen des Bildes führen sind mehr als transparent, frei einer kreativen Mystik oder vordergründigen Effekts und arbeiten dem Mark Rothko ´schem Ideal in der Entwicklung eines Gemäldes, seiner Bewegung von Punkt zu Punkt, einer Ausrichtung auf eine Klarheit, die die Beseitigung aller Hindernisse zwischen Maler und Idee und zwischen Idee und Betrachterin zur Folge haben, zu. Bis zu welchem Grade Gansberger aber seine Autorschaft verwischt und inwieweit er sich auch mit dem Unkenntlich machen seiner künstlerischen Eingriffe beschäftigt bleibt jedoch offen. Das er zudem mit dem Rechteck des Passepartouts als definitiver Form jongliert, welches eigentlich nur auf eine bestimmte Anzahl von Arten verwendet werden kann und dem eben Michael Fried in seinem prägenden Aufsatz „Kunst und Objekthaftigkeit“ einst lapidar attestierte: „Die rechteckige Fläche hat eine begrenzte Lebensdauer. Die für die Betonung des Rechtecks erforderliche Einfachheit begrenzt die Anzahl der innerhalb von ihm möglichen Anordnungen.“
Gansberger scheint modernen und postmodernen Aussagen wie diesen, den einen oder anderen feinen Extrazweifel entgegenhalten zu wollen, auch für sich und die eigene Praxis die jederzeitige experimentelle Überprüfbarkeit offen zu halten und über den künstlerischen Umweg einer Ästhetik der Absenz zu wirken. Im Fall der in „frame by frame by frame“ gezeigten Bilder verstärkt er ihren Schein nämlich, gerade durch Hervorrufung des abwesenden Bildes, und bestimmt das Sein durch jenes Bild und seine Materialität welches eigentlich die Abwesenheit thematisiert. Max Gansberger setzt in seinen Reflexion über Bedingungen der Bildproduktion an einem Punkt an, ähnlich jenem, an dem der Wahrnehmungspsychologe Rudolf Arnheim in seinem Buch „Anschauliches Denken“* von „sichtbaren Lücken“ spricht:

„Die Leere sehen heißt, etwas in eine Wahrnehmung aufnehmen, dass in sie hineingehört, aber abwesend ist, es heißt, die Abwesenheit des Fehlenden als eine Eigenschaft des Gegenwärtigen sehen.“

*Anschauliches Denken. Zur Einheit von Bild und Begriff. Erstausgabe 1972, nun Köln: DuMont Taschenbuch 1996

Christian Egger